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Die 30-Jahr-Feier 1908 mit der Fahnenweihe
Glücklicherweise existieren zwei längere Zeitungsbelege zu dieser Feier, ein sachlicher Lokalbericht und ein augenzwinkerndes Feuilleton. Aus beiden wird klar dass die Windischbergerdorfer auch damals gute Gastgeber waren und zu feiern verstanden.
Lokales und aus dem Kreise: Windischbergerdorf, 6. Juli 1908:

Der kleine, am Fuße des Buchberges gelegene Ort Windischbergerdorf hatte gestern Festschmuck angelegt. Galt es doch, die Weihe einer neuen Fahne der freiw. Feuerwehr Windischbergerdorf festlich zu begehen und zugleich das 30jährige Gründungsfest damit zu verbinden. Trotz des Regenschauers in den frühen Morgenstunden hatten sich zu dieser erhebenden Feier der Patenverein Cham und weitere 28 Vereine mit 27 Fahnen eingefunden. Die Weihe der neuen Fahne wurde in Verbindung mit einem Festgottesdienst durch H.H. Stadtpfarrer und k. Distrikts-schulinspektor Seidl von Cham in Windisch-bergerdorf vorgenommen. In der dem Weiheakt vorausgegangenen Ansprache wurde seitens dieses Priesters betont, daß das Feuer ein von Gott zu Nutz und Frommen des Menschen geschaffenes Element ist, daß aber dieses Element dem Menschen furchtbar werden kann, wenn es sich seiner Fesseln entrafft. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß die Feuerwehren immer noch zu wenig respektiert werden und daß besonders die jüngeren Leute die Hauptaufgaben der Feuer-wehren nicht lediglich bei Festlichkeiten und im Tanzsaal erblicken möchten. Unmittelbar nach dem Festgottesdienste wurde zur Überreichung der Fahnenbänder geschritten und bei der hiebei vorangegangenen Festrede den erschienenen Feuerwehren, Soldaten- und Kriegervereinen herz-lichster Dank gesagt und besonders hervorgehoben, daß es die freiw. Feuerwehr Cham nicht unter ihrer Würde fand, bei einer kleinen Land-feuerwehr Patenstelle zu übernehmen. Wärmster Dank wurde auch H. H. Stadtpfarrer Seidl aus Cham gezollt, der, so manches Hindernis überwindend, den Festgottesdienst und die Weihe der neuen Fahne ermöglichte. Insbesondere wurde nicht versäumt, allen Gönnern des Vereins und in erster Linie der Ehren- und Fahnenmutter, Frau Bildhauersgattin Zehle aus Hamburg, als besondere Gönnerin des Vereins herzlichen Dank zum Ausdruck zu bringen. Die sehr hübsche Fahne ist hervorgegangen aus der rühmlichst bekannten Fahnenstickerei Deplatz in Regensburg und ist geschmückt mit dem Bildnis des hl. Florian und mit dem Familienwappen der Frhrn. von Obersperger, die noch bis zum Jahr 1782 herauf auf dem nunmehr ziemlich verfallenen Schlosse in Windischbergerdorf ihren Stammsitz hatten. Die freiw. Feuerwehr Windischbergerdorf wurde gegründet im Jahre 1877 durch den damaligen Bürgermeister Wagner in Selting unter Beihilfe des Kommandanten Zwink von Windischbergerdorf und zählt zur Zeit 60 Mitglieder. Bereits 7 Mit-glieder dieses Vereins wurden durch S. K. H. Prinzregent Luitpold ausgezeichnet mit dem Ehrenzeichen für 25-jährigen treu geleisteten Feuerwehrdienst. Mit der Ermahnung, die Fahne hochzuhalten und ihr zu folgen wie der Soldat ihr folgt in die blutige Schlacht, ihr treu zu bleiben und sie nicht zu verlassen, außer wenn der Tod von ihr scheidet, schloß der Festredner, Herr Lehrer Fischer von Windischbergerdorf, mit einem Hoch auf den allerhöchsten Protektor der Feuerwehren, Prinzregent Luitpold, seine Ausführungen. Hierauf überreichte die Fahnenmutter Frau Zehle aus Hamburg unter dem Hoch auf die erschienenen Vereine und die edle Feuerwehrsache zum Schmucke der Fahne und zur Anerkennung für 30jähr. Feuerwehrdienst ein durch die ehrw. Schul-schwestern in Cham kunstvoll gesticktes wertvolles Fahnenband, der Patenverein Cham schmückte die neue Fahne unter herzlicher, sinnvoller Ansprache durch Bezirksamtsoffiziant Ferstl in Cham mit einem ebenfalls sehr wertvollen Fahnenbande. Nach Vortrag von drei gut deklamierten Prologen seitens der Ehrenjungfrauen und Verteilung der Fahnenbänder schloß der Festakt und bald bemächtigte sich der auf sämtliche Wirtschaften der Gemeinde verteilten Feuerwehren fröhliche Feststimmung. Um 3 Uhr nachmittags bewegte sich der Festzug unter großem Jubel der hiesigen Einwohnerschaft durch das idyllisch gelegene, schön geschmückte Dorf. Befriedigt über das Gebotene und von dem kleinen Orte nicht erhoffte verabschiedeten sich die erschienenen Vereine teilweise erst in vorgerückter Stunde von dem Jubelverein, der vielleicht auf Jahre hinaus nicht mehr die Gelegenheit hat, so viel eifrige Vertreter und Freunde der Feuerwehrsache in seinen Mauern begrüßen zu können.

Wochenplauderei:

Mehr Licht, rief Goethe, als er starb; mehr Regen rief das Volk am letzten Sonntag vormittags, als es zu tröpfeln begann. Der Wunsch des Volkes schien sich auch zu erfüllen, da es bald in Strömen goß. Darob eitel Freude auf allen Gesichtern. Nicht so war es in dem kaum 1 Stunde entfernten Windischbergerdorf. Dort rüstete nämlich das Volk seit Wochen, um das Fest der Fahnenweihe ihrer Feuerwehr würdig zu begehen. Schon lange vorher hörte man sagen: Nur diesen einen Sonntag wenn es schön ist, dann darf es die anderen 51 getrost regnen. Dieser Regen erzeugte dort bloß lange Gesichter nebst Begleiterscheinungen. Zum Glücke hellte sich nach einer Stunde der Himmel wieder auf und das Fest konnte beginnen. Nachdem der erhabene erste Teil, die Weihe, selbst vorüber war, konnte die Feuerwehr ihrem eigentlichen Berufe, dem Löschen, in vollem Maße nachkommen. Auch dieses Geschäft verlief wunderbarerweise sehr ruhig, wenn auch in später Stunde mancher Brand nach Hause getragen, einige sogar zollfrei über die Grenze geschleppt wurden. Umherliegende Knochen und Wursthäute (wohl ein Zeichen, daß an diesem Tage die Hundesperre peinlich genau gehalten wurde) waren die traurigen Überreste vollendeter Gefräßigkeit.

Einige zerbrochene Maßkrüge deuteten nicht etwa auf eine vorausgegangene Rauferei hin, sondern bewiesen nur, daß sie ihren erhabenen Beruf vollendet und nun unter das alte Eisen zählten, vorausgesetzt, daß man ihre Trümmer noch verkaufen kann.

Leider sollte diese Woche nicht ohne schweren Schaden abgehen. Am Donnerstag war’s gerade um die Mittagszeit, als der Himmel bittere Pillen in Form von Hagel herabsandte, die zwar nicht die ganze Gegend vernichteten, aber doch die Fluren arg beschädigten. Und man sollte es kaum für möglich halten, in der Ludwigsstraße hat es sogar eine Schulprüfung verhagelt, die dann sofort geschlossen werden musste. Damit schließe ich auch meine Plauderei. Sollte dabei manch wichtiger Punkt in der vergangenen Woche übersehen worden sein, so kann sich denselben der geneigte Leser selbst ergänzen.